Sonntag, Juli 15, 2007

Gov't Mule - High & Mighty


Blues Rock. Aus was für unglaublich guten Musikern die Band um Warren Haynes, den Gitarristen der Allman Brothers Band, besteht, wird wahrscheinlich erst live so richtig deutlich. Dass der Mann aber neben seinen virtuosen Fähigkeiten an der sechs- beziehungsweise zwölfseitigen Klampfe auch verdammt gute und variable Songs schreiben kann, hört man auf der neuesten Veröffentlichung von Gov’t Mule in beeindruckender Klarheit. Jenseits vom dogmatische Southern Rock wird der Blues technisch und stilistisch in alle Richtungen ausgelotet. Filigrane, aber trotzdem massive Riffs wechseln sich ab mit eher ruhigen und melodischen Slidegitarren. Schlagzeug, Bass und die erfreulicherweise überhaupt nicht penetranten Keyboards stehen Haynes’ Gitarrenspiel in nichts nach.

Der Opener Mr. High & Mighty ist so ein Einstieg, bei dem man sich fragt, warum die Band nirgendwo im Radio gespielt wird oder sonst wie prominent ist. Ein solcher Übersong zu Beginn lässt dann leider zunächst einmal den Rest der Platte ein wenig fade wirken. Es ist wohl vor allem der durchschnittlichen Songlänge der Platte und den langen Instrumentalteilen der ruhigeren Songs anzukreiden, dass sich während der ersten Hördurchläufe ein Gefühl der Beliebigkeit einstellt. Aber gut Ding will Weile haben und folglich ist High & Mighty ein klassisches Beispiel für einen Grower sondergleichen. Nachdem man die Strukturen der längen Songs einigermaßen durchblickt hat und sich auf Melodien, Akkorde etc. konzentrieren kann, lassen sich die Highlights kaum noch eingrenzen. Unring The Bell versucht den Ska ohne Blasinstrumente, Child Of The Earth triumphiert mit wunderbaren Melodiebögen und Brighter Days stellt klar, dass der erste Song keine Ausnahmeerscheinung bei dieser Band ist. Einen weiteren Kontrapunkt setzt Like Flies, das sich durch seine Psychedelik fast schon nach Chris Goss anhört.

Natürlich bleibt der Hörer nicht verschont von langen Soli und einem fast schon zu differenziertem Sound, normalerweise Merkmale des Otto-Normal-Prog-Rock-Albums, um die technischen Leistungen der einzelnen Musiker präsent werden zu lassen. Aber ein bisschen Angeben ist hier durchaus erlaubt. Hinter der großen Klappe steckt einiges! 9/10

Anspieltipps: Mr. High & Mighty, Child Of The Earth, Like Flies

Sonntag, Juli 08, 2007

Bad Religion - New Maps Of Hell


Punk Rock. Ist natürlich total aus der Mode, und das nicht erst seit gestern. Einige Bands versuchen, sich in ein hippes Nachbargenre zu retten und verzapfen seitdem weinerlichen Emo wie AFI. Andere wollen auf Gedeih und Verderb der Politik in den Hintern treten, scheitern aber an ihrer Engstirnigkeit, wie beispielsweise Anti-Flag, oder verrennen sich in den eigenen Zwangsvorstellungen, siehe NOFX. Und von vielen weiteren hat man seit Ewigkeiten nichts mehr gehört. In letztere Kategorie fallen irgendwie auch Bad Religion. Schließlich sollte dieses Album ursprünglich schon letztes Jahr erscheinen.

Nun haben wir Mitte 2007 und New Maps Of Hell rotiert endlich im CD-Player. Und obwohl man bei diesem Gerät keine Möglichkeit hat, die Geschwindigkeit einzustellen, fragt man sich zu Beginn, wann man denn aus Versehen den Knopf „schneller“ gedrückt hat. Denn Bad Religion legen vor wie Rancid auf ihrem 2000er Album. Die ersten drei Songs brauchen keine vier Minuten. Der Hörer ist sofort drin, der Opener 52 Seconds nach kurzer Zeit nur noch ein Schemen. Melodien schwirren aus den Lautsprechern, werden einem um die Ohren gehauen. Erst der siebte Song, die Single Honest Goodbye, nimmt die Geschwindigkeit ein wenig heraus. Die Platte klingt schon fast nach einem Befreiungsschlag, und das, obwohl Bad Religion eigentlich zuletzt zwei recht gute Alben nach der Rückkehr zu Epitaph veröffentlicht haben. Die Band legt zweifellos noch einmal eine Schippe drauf. Kompromisse werden hier keine gemacht. Akustik-Gitarren und Elektronik-Effekte wird man vergeblich suchen, einzig die zaghaften Klaviertöne von Fields Of Mars verkünden das nahe Ende dieses etwa 38minütigen Höllenritts.

Und natürlich sind die Texte politisch. Aber sie sind gleichzeitig differenziert und fordern kein plakatives New America, wie noch vor einigen Jahren oder bei einigen musikalischen Kollegen Bad Religion sind musikalisch in der Vergangenheit geblieben und haben alte Tugenden perfektioniert. Künstlerisch sind die jedoch weiter als die meisten. 8/10

Anspieltipps: Requiem For Dissent, Lost Pilgrim, Fields Of Mars