Mittwoch, Juni 20, 2007

Titan - A Raining Sun Of Light & Love, For You & You & You


Stoner Rock ist innovativ! Eine auf den ersten Blick paradoxe Aussage bekommt immer mehr Wahrheitsgehalt. Noch vor ein bis zwei Jahren konnte man den Verwesungsprozess schon mit bloßen Ohren hören. Der Wüstensound hatte irgendwie keinen Sand mehr im Getriebe. Die meisten Bands, die in Übersee oder Skandinavien unterwegs sind, kennt hierzulande nicht zu Unrecht niemand. Wer die letzten Platten von The Glasspack, Dozer, Truckfighters, The Awesome Machine, Spiritual Beggars etc. nicht gehört hat, hat auch nichts verpasst. Die hundertste Emoband war zweifellos spannender.

Allerdings tut sich was: Fu Manchu vermischen ihren alten Sound mit einer Menge Punk Rock, The Sword machen den Doom Metal fast schon massentauglich, Dead Meadow spielen in ihrer Nische wunderbaren Sumpfblues und jetzt kommen eben Titan. A Raining Sun Of Light & Love, For You & You & You besteht aus ganzen vier Musikstücken, die sich alle im Bereich von zehn Minuten bewegen. Es beginnt mit einer Akustikgitarre und nöligem Gesang: Two Gallants bekifft. Nach etwas über einer Minute setzt dann allerdings der Rest des Ensembles ein und Schlagzeug, Verzerrer, Gitarre, Verzerrer, Bas, Orgel und Verzerrer rollen sich gegenseitig durch die Wüste. Natürlich werden auch hier Riffs bis zum umfallen penetriert, aber Tempowechsel, eingebaute Soli, das sehr variable Schlagzeugspiel und der sehr warme (aber leider etwas dünne) Sound sorgen für einige Abwechslung, ohne die Songs kompositorisch auseinander fallen zu lassen: „[E]ven though there's a ton of music crammed into each track, it remains organic sounding, never overstuffed or overwrought.” (Stonerrock.com) Schade nur, dass es Gesang nur bis Minute 3:40 des ersten Songs gibt. Hier hätte die Band vielleicht noch weitere Punkte sammeln können. Andererseits sprechen wir hier ja nicht von Popsongs…

Zu Gute halten muss man der Band auf jeden Fall, dass sie überhaupt nicht nach Kyuss klingt und Geschmack beim Artwork bewiesen hat, beides keine Selbstverständlichkeiten in diesem Genre. Reinhören lohnt sich also für Leute, die der Wüste seit einiger Zeit enttäuscht den Rücken zugewandt haben. 7/10

Anspieltipp: Annals Of The Former Work

Montag, Juni 18, 2007

Biffy Clyro - Puzzle


Alternative Rock. „Die Progpoprock-Schotten mit den regelmäßig hässlichsten Coverbildern sind wieder da“, leitet Matthias Mante seine Rezension auf laut.de ein. Was dann folgt, ist kein Verriss, aber ein durchaus desillusionierter Text über die verlorenen Ecken und Kanten in der Musik von Biffy Clyro. Von „stumpfen Winkeln“ wird gesprochen. Puzzle sei „mitunter selbst für Radiolandschaften etwas zu berechenbar“. Eine Gegendarstellung!?

Fangen wir einfach an. Das Artwork der CD, des Booklets und auch begleitenden Singles sollte diesmal auf jeden Fall auch höheren Ansprüchen genügen. Kräftige Farben vermischen sich mit einer sehr passenden rätselhaften Optik. Die Musik ist allerdings nicht so leer wie der dargestellte Raum. Und um die Metapher konsequent auszureizen: Die Musik braucht wohl eher diesen großen Raum, um sich zu entfalten. Natürlich sind Biffy Clyro jetzt bei einem Majorlabel und ganz ehrlich: Das hört man den Songs auch an. Da aber auch „hier keine fiese Vorurteilsschmiede am Werk ist“ (Plattentests.de), will ich das nicht grundsätzlich negativ bewerten.

Biffy Clyro nähern sich dem Popsong an, fangen ihn ein, malen ihn bunt an und lassen ihn dann wieder frei. So verfügt der Opener Living Is A Problem Because Everything Dies nicht nur über Binsenweisheiten wie „I met God and he had nothing to say to me“, sondern auch über das nervigste (und großartigste) Intro der ersten Hälfte diesen Jahres und über ein pompöses Orchester. Die typisch verqueren Gitarrenlicks nehmen sich etwas zurück und die Songstrukturen sind im Durchschnitt simpler als noch auf Infinity Land. Das löst bei den Hörern positive wie negative Reaktionen aus, wie hier nachzulesen ist. Größter Aufhänger ist die unglaublich schmalzige (und wiederum großartige) Ballade Folding Stars. Allerdings ist diese auch ein Beweis dafür, dass Biffy Clyro in einer unheimlich großen Stilvielfalt gute Songs schreiben können: „Klassische“ Biffy-Songs wie A Whole Child Ago, As Dust Dances oder das monumentale Get Fucked Stud, minimalistische Kleinode wie Now I’m Everyone oder das naiv-stoische Who’s Got A Match? und eben auch den radio- und stadiontauglichen Rockhit (Saturday Superhouse, Semi-Mental). Eigentlich sollte man sich freuen, dass auch unter einem Majorlabel noch solch heterogene Alben möglich sind. Die Reduzierung auf das Wesentliche in den Songs steht Biffy Clyro erstaunlich gut. Stagnation wäre doch auch auf dem Komplexitätslevel von The Vertigo Of Bliss oder Infinity Land nicht wünschenswert. 9/10

Anspieltipps: A Whole Child Ago, Get Fucked Stud, Machines

Bad Religion - Into The Unknown


Space Rock. Oder so ähnlich. Dies ist NICHT das neue Album der Punk-Rock-Legende Bad Religion. Das erscheint Anfang Juli und wird dann natürlich auch rezensiert. Hier und heute schreibe ich über das zweite Album der Band, welches 1983 erschien und zweifelsfrei einen Einschnitt in der Bandgeschichte darstellt. Immerhin löste diese sich nach Veröffentlichung kreativ desillusioniert auf und startete erst zwei Jahre später mit dem Genre-Klassiker Suffer ein erfolgreiches „Comeback“. Into The Unknown ist heute auch nicht mehr erhältlich und wird wohl auch nicht mehr wieder veröffentlicht.

Warum das alles? Der Anfang dieses Textes, das Cover und die Zahl der Songs auf dem Album (acht!) deuten es schon an. Bad Religion haben das einzige Mal in ihrer Karriere einen riesigen stilistischen Schritt gewagt, bei dem sie offenbar gestolpert sind: Langsame und lange Songs, flächige Gitarren, viele Keyboards und typische 80er-Synthies und Anwandlungen von Prog-Rock-Strukturen finden sich hier über die Gesamtspielzeit von knapp 33 Minuten. Eigentlich ist das alles überhaupt nicht schlecht (für den ersten Versuch), kam aber verständlicherweise damals in den Kreisen, in denen sich die Band mit How Could Hell Be Any Worse? einigen Respekt verschafft hatte, einfach nicht an.

Wer sich auf die Songs einlässt, findet trotzdem typische Merkmale, die die Band auch heute noch auszeichnen, wie zum Beispiel der melodische Gesang inklusive Hintergrundchören und die kritischen Texte. Referenzen lassen sich im späteren Werk nur sehr spärlich finden: I Love My Computer (zu finden auf The New America) ist wohl der elektronischste Song der neueren Zeit, ist aber auch stärker rhythmisch betont. Weitere Anhaltspunkte sind der Schlussteil von Beyond Electric Dreams, die Songstruktur von To Another Abyss (beide auf The Empire Strikes First) oder entfernter die Strophe von The Defense (The Process Of Belief).

Wie bereits erwähnt ist die Platte nicht mehr käuflich zu erwerben, außer man ist bereit, bei eBay viel Geld zu investieren. (Natürlich bietet das Internet auch noch andere Möglichkeiten, die sich diesem speziellen Fall wohl in einer Grauzone befinden.) Wer also mal eine einfach sehr interessante und ungewöhnliche Seite an seiner Lieblings-Punk-Rock-Band entdecken will, sollte mal reinhören. Die zum Cover Passende Wertung: ∞/10

Anspieltipps: Billy Gnosis, Time And Disregard

Donnerstag, Juni 14, 2007

Goon Moon - Licker's Last Leg

Wundertütenmusik. Goon Moon ist das neue Projekt von Chris Goss (Masters Of Reality) und Jeordey White (Nine Inch Nails). Wobei „neu“ den Kern der Sache eigentlich nicht trifft. Schon 2005 erschien eine EP unter dem lustigen Namen I Got A Brand New Egg Layin’ Machine, die musikalisch allerdings relativ unbefriedigend war. Zwischen einzelnen Stücken, die sich mit einigen Abstrichen als Songs bezeichnen ließen, gab es viel Luft in Form von Gedudel und planlosem Geklimper. Pitchfork meinte halbwegs versöhnlich: „The musicians of Goon Moon have made [a] listenable record, while clearly unconcerned who listens to it.” 2007 ist aber nicht 2005…

12 Songs tun sich diesmal zu einem ganzen Album zusammen, kein einziger ist zwischengeschobenes Füllmaterial. Nicht umsonst erscheint das Album bei Ipecac Records: Musikalisch wird aus dem Vollen geschöpft. Goss und White komponieren so ziemlich jede Art von Musik-mit-Gitarren-drin, die man sich wünschen kann. Offenheit ist beim Hörer also auch deshalb erforderlich, da sich die Genre-Grenzen auch innerhalb eines Songs auflösen.

Nach dem leicht esoterischen Drumloop-Intro Apple Pie geschieht sofort die 180°-Wende mit My Machine. Feedback, Verzerrer und noisiges Rifflegen relativ schnell vor, bevor man merkt, dass Jeordie White irgendwie ein ganz guter Sänger ist und auch schon der Refrain einsetzt, der wieder nur aus Synthiegewaber und Stimme besteht. So kann, vielleicht auch: so sollte Prog Rock klingen. Goon Moon schaffen es, die Spannung auch im weiteren Verlauf des Albums aufrecht zu erhalten. Goss’ Gespür für interessante Melodiebögen, Hintergrundgesänge und Gitarrenriffs bestätigt sich immer wieder. Die Visions schreibt, für Freunde der Desert Sessions von QOTSA-Kopf Josh Homme sei Licker’s Last Leg genau die richtige Platte (Ausgabe 172). Da sich die beteiligten Musiker stark überschneiden (neben Goss und White unter anderem Dave Catching, Josh Freese und Josh Homme selbst), liegt der Vergleich nahe, aber Goon Moon sind doch noch ein Stück stringenter, eben mehr eine richtige Band. Feel Like This holt den Stoner aus dem Keller, Pin Eyed Boy könnte auch von den Masters Of Reality sein und Hardcore Q3 erinnert schließlich wieder an die verqueren Momente der Desert Sessions.

Die zweite Hälfte von Licker’s Last Leg gestaltet sich gleichermaßen abwechslungsreich. Tip Toe könnte mit mehr Gitarren auf Era Vulgaris (siehe unten) eine gute Figur machen. Mit Every Christian Lion Hearted Man Will Show You werden die Bee Gees gecovert (wunderbar!), Lay Down rockt noch mal eher ruhig und Balloon? eher räudig, bevor die Prog-Keule in Form des achtteiligen und fast zehn Minuten langen The Golden Ball ausgepackt wird. Den Abschluss bildet die schöne Ballade Built In A Bottle. Damit wäre die Wundertüte komplett ausgepackt. Es stellt sich heraus, dass sie offenbar groß genug für eine ganze Achterbahn war. Glücklicherweise muss man sich für eine weitere Fahrt nicht lange anstellen, sondern drückt einfach die Repeat-Taste. 9/10

Anspieltipps: My Machine, Balloon?, The Golden Ball

Mittwoch, Juni 13, 2007

Dinosaur Jr - Beyond

Schrammel-Indie. Der Autor dieser Zeilen ist wahrscheinlich zu jung, um diese Band rezensieren zu dürfen. Der Autor dieser Zeilen war zum Zeitpunkt der Veröffentlichung von You’re Living All Over Me runde zwei Jahre alt. Der Autor dieser Zeilen kannte Dinosaur Jr bis vor zwei Monaten überhaupt nicht. Im Angesichte des Scheiterhaufens denkt sich der Autor dieser Zeilen: „Das hier ist mein Blog, verdammt!“

Neben Trouble also an dieser Stelle eine weitere Band aus den 80ern. Vielleicht ist an der Retrowelle (siehe unten) doch etwas dran. Aber so lange sie Alben wie Beyond hervorbringt, darf die Welle gerne weiterrollen. Im Folgenden also Ansichten aus der Perspektive des Neuentdeckers.

„Schrammel-Indie“ scheint eine wunderbare Beschreibung für Dinosaur Jr zu sein. Das gilt sowohl für die älteren Werke als auch für diese neue Platte. Trotzdem kann man von einer Entwicklung sprechen. Die Songs sind seit 1988 auf jeden Fall moderner geworden. Im Vergleich zu Bug fällt ein wesentlich zielgerichteteres und effektiveres Songwriting fast sofort auf. Die wunderbaren Gitarrenmelodien fügen sich weich in die Umgebung ein, der verklärte Gesang passt perfekt. Und immer wenn J Mascis zum Solo ansetzt, schleicht sich ein zufriedenes, leicht wahnsinniges Grinsen auf das Gesicht des Hörers. Selbst wenn die Band ins Manische abdriftet (Pick Me Up) oder sich ins Metalland verirrt (It’s Me), scheint sie über den Dingen zu schweben. Das diese drei Typen auf der zwischenmenschlichen Ebene überhaupt nicht miteinander klarkamen/klarkommen, scheint angesichts der Musik absurd. Nicht, dass hier pausenlos Gutelaunemusik produziert wird, aber eigentlich schwingt immer ein positives Moment in den Songs. Die Single Been There All The Time ist mit ihren recht euphorischen Breaks das beste Beispiel dafür. Oder der Einstieg: Ein springendes und rennendes Gniedelsolo gibt ab der ersten Sekunde den Takt vor.

Die warme Produktion tut ihr übriges. Sogar Pitchfork nennt sie „crystalline“ und „nostalgic“. Seltsamerweise wurde im Wohnzimmer von J Mascis aufgenommen. Vielleicht ist die Heimeligkeit des Raumes irgendwie übergesprungen. Ich fühle mich jedenfalls zu Hause beim Hören dieser Platte, die „nur Teil eines riesigen, lebenden Fossils ist, dessen Nische mittlerweile überbevölkert sein mag“ (Plattentests.de) und trotzdem für mich eine neue musikalische Erfahrung darstellt. 8/10

Anspieltipps: Almost Ready, Pick Me Up, Back To Your Heart, Been There All The Time

Trouble - Simple Mind Condition


Doom Metal. Trouble sind zurück! 12 Jahre nach Plastic Green Head gibt es tatsächlich ein neues Album. Die dazugehörige Tour hat bewiesen, dass die Band zwar optisch gealtert, allerdings weit davon entfernt ist, zum Schatten ihrer selbst zu werden. Musikalisch ist im positiven Sinne alles beim Alten: Die wahrscheinlich positivste Doom-Kapelle kann immer noch großartige Songs schreiben und wurde nicht nur im Zuge der Retrowelle „wieder an die Oberfläche“ gespült (Visions 171). Angekündigt ist Simple Mind Condition nämlich schon seit 2005.

Größtenteils in mittlerem Tempo stampfen sich Riffs durch die Gehörgänge, die zwar objektiv nicht sehr frisch wirken, aber durch die Gesamtkomposition mehr in mehr als zwingende Songs eingearbeitet wurden. Die Metalpresse mag das auch so ausdrücken: „Das obergeile Riffing von Bruce Franklin und Rick Wartell ist allein Kaufgrund genug für jeden Fan der langsamen Beats.“ (Metalglory) Zum einen Eric Wagners fantastische Stimme und zum anderen die musikalische Erfahrung der Bandmitglieder leisten fantastische Arbeit. Immerhin ist ihre Heimatstadt Chicago und ohne jemals da gewesen zu sein, wage ich die These, dass man in dieser Stadt überhaupt nicht unmusikalisch sein kann.

Zu den Highlights gehören ohne Zweifel der Opener Goin’ Home, der Kopfschüttler Seven und das leicht dem Prog Rock zugewandte Arthur Brown’s Whiskey Bar. Für Abwechslung sorgen die Halbballade After The Rain und Trouble Maker, einer der wütendsten Songs. Simple Mind Condition ist ein typisches Trouble-Album. Das bedeutet auch, es klingt nach den 90ern. Und die Band klang auch in den 90ern eher nach den 80ern… Man sollte sich also auf einen Metal einlassen, der abseits aller modernen Strömungen rangiert und sich dazu noch, entgegen der Art vieler Metal-Bands, einen Sound leistet, der positiv als „Indie“ zu bezeichnen wäre. Man kann ihn durchaus auch ein wenig „dünn“ nennen. Aber der Fan sollte das gewohnt sein.

Auch live war die Band sehr reduziert: Im Hamburger Marx (der kleinen Bühne in der Markthalle) spielten sie mit wenig Effekten, minimalem Schlagzeug und ohne große Gesten, begeisterten trotzdem und gerade deswegen. 8/10

Anspieltipps: Goin’ Home, Seven, Trouble Maker

Queens Of The Stone Age - Era Vulgaris


Rock. Fortschritt. Für einige hat sich damit vielleicht nur das Mindeste erfüllt, für andere ist es eine gute Nachricht. Die Queens Of The Stone Age haben sich nach Lullabies To Paralyze weiterentwickelt. Es war nie Josh Hommes Art, auf der Stelle zu stehen, und somit klingt Era Vulgaris wieder anders, wieder neu, auch wieder gut? Zunächst einmal bringt der Fortschritt auch personelle Veränderungen. Die feste Band besteht derzeit aus Homme, Drummer Joey Castillo und Gitarrist Troy van Leeuwen, die, wenn man dem Booklet glauben darf, alle drei am Prozess des Songschreibens beteiligt waren. Für die anstehende Tour wurden die Posten des Bassisten und Keyboarders neu besetzt.

Gesundheit. Im Visions-Interview (Ausgabe 172) sagt Homme, er fühle sich wesentlich gesünder als nach den letzten Albumaufnahmen. Erstaunlicherweise hört man zunächst einmal das Gegenteil: Der Sound, die Riffs, die Rhythmik, alles klingt sehr kaputt, allerdings auch sehr konsequent. Im Gegensatz zur letzten LP scheint diese Platte absolut aus einem Guss zu sein. Stakkato-Riffs aus wenigen Akkorden ziehen sich durch die gesamte Spielzeit, alles hört sich sehr mechanisch an, fast nach Industrial (und das nicht nur auf dem Titelsong, der mit Trent Reznors Unterstützung punktet, allerdings nur Bonus Track ist). Andreas Borcholte benutzt die treffenden Adjektive „zynisch, schmutzig, hypnotisch und hart“. Man kann dankbar darüber sein, dass nicht versucht wird, den Hörer zu unterfordern. Plastikpop geht auf jeden Fall anders.

Darüber liegt Hommes durchaus als einzigartige Stimme. Nach dem „Ausstieg“ von Nick Oliveri (der von Pitchfork arg vermisst wird) und Mark Lanegan der einzige Sänger der Queens, scheint Homme sich einige Mühe gegeben zu haben, seinen Gesang variabler zu gestalten. Passen tut das auf Anhieb bei dem Desert-Sessions-Song Make It Witchu, der gewissermaßen den Ruhepol in der Mitte des Albums bildet. Darum passiert viel Rabiates: Battery Acid und die erste Single Sick, Sick, Sick haben programmatische Titel, 3’s & 7’s kommt sehr stoisch daher, Suture Up Your Future fängt ruhig und melodiös an, endet dann aber auch krachig und die letzten beiden Songs River In The Road und Run, Pig, Run kommen fast schon aus der Wüste und fahren den Freeway Richtung Stoner Rock. All dies meistert Homme stimmlich wie immer leicht gewöhnungsbedürftig aber letztendlich beeindruckend.

Erfolg. Gesundheit muss hier also von innen heraus verstanden werden: Spielfreude, ein passendes Konzept, das bekloppteste und vielleicht beste Artwork dieses Jahres und eine funktionierende Band. Dies spiegelt sich wieder in einem Album, die laut Plattentests.de auch nach Monaten noch spannend sein wird. 9/10

Anspieltipps: I’m Designer, Battery Acid, River In The Road