Mittwoch, Juli 15, 2009

Clutch - Strange Cousins From The West


Die Gitarre hat den Blues. Clutch haftet der Ruf an, musikalisch auf der Stelle zu treten. Kennt man ein Album, kennt man alle. Eine neue Clutch-Platte ist also immer was für Fans. Wer die Band vorher nicht mochte, wird sie auch auf Strange Cousins From The West nicht mögen. Wer den Backkatalog im Regal stehen hat, kann getrost zugreifen. Status-Quo-Rock. So einfach ist das. Oder?

Ein bisschen simpel ist die Argumentation schon. Sie rührt wahrscheinlich daher, dass Clutch sich in Genres bewegen, die als wenig innovationsfreudig, ja sogar sehr konservativ gelten. Stoner Rock, Blues, Hardrock. Da spielen halt alle immer die gleichen durchgenudelten Riffs. Nur den Hörer nicht verschrecken. Wer sich mal eine Weile Zeit nimmt und durch die gesammelten Werke von Clutch hört, merkt aber recht schnell. Die Band hat ihren Fans in den vergangenen Jahren einiges zugemutet. Angefangen mit reichlich atonalem Hardcore, ging durch die Stoner-Phase hin zu opulentem Geriffe inklusive Akustikgitarren, Keyboards und Mundharmonika. Bereits auf dem Vorgänger From Beale Street To Oblivion deutete sich aber eine Reduzierung des Sounds an. Zurück zu Schlagzeug, Bass, Gitarre, weg mit dem Schnickschnack, her mit dem Blues.

Und so ist Strange Cousins From The West ein Album geworden, auf dem jedes Instrument seine Glanzmomente hat. Ein Album voller sperriger Brocken wie Abraham Lincoln, bluesiger Erzählstücke wie Motherless Child und zurückgelehnter Riffrocker wie The Amazing Kreskin.

Auf Spielkram wird verzichtet, ja die meisten Songs leben sogar mit einer Gitarrenspur. Aus Tim Sult plätschern die Riffs, Licks, Melodien und Soli nur so heraus. Technisch ist das durchgehend beeindruckend, vor allem im Zusammenspiel mit Bassist Dan Maines und Drummer Jean-Paul Gaster, der nicht zu Unrecht als einer der exaktesten und besten seiner Zunft gilt. Da sitzt jeder Fill, jeder Akzent. Die seltsamen Cousins befinden sich ständig in Bewegung, rollen unaufhaltsam vorwärts gen Osten.

Nur leider rollen sie meist recht langsam. Es fehlt ein wenig an Dynamik. Jedem Instrument, jedem Songteil wird so viel Platz gegeben, sich zu entfalten, dass der eine oder andere Song ein etwas repetitiv klingt. So ein Beispiel ist Let A Poor Man Be. An den Variationen des Riffs kann man sich als Musiker freuen, ebenso wie über das herrlich ausformulierte Solo inklusive kongenialer Schlagzeugbegleitung. Dem Musikhörer wird es aber schnell langweilig.

Oder Abraham Lincoln, nach dem ersten Hördurchgang eine Marschmusik ohne Spannungsbogen. Man muss sich zwingen, genauer hinzuhören, bis die hypnotische Manie des Songs langsam aus dem Lautsprecher sickert und man jedes Wort von Neil Fallons Predigt mit einem Kopfnicken goutiert.

Es ist natürlich auch zugänglicheres Material dabei. Minotaur klingt wie von Robot Hive / Exodus übrig geblieben, 50,000 Unstoppable Watts ist ein klassischer Nach-vorne-Rocker, das spanische Algo Ha Cambiado könnte wiederum auch auf Blast Tyrant erschienen sein.

So ergeben sich Anknüpfungspunkte an die früheren Werke, während die wiederentdeckte Reduziertheit der Band den Hörer zwingt, sich mit jedem Instrument genauer auseinanderzusetzen und bitteschön gut zuzuhören. 8/10

Anspieltipps: 50,000 Unstoppable Watts, Abraham Lincoln, Sleestak Lightning

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