Freitag, Juni 19, 2009

Celan - Halo


Krach oder Kunst. Welche Gründe gibt es, eine neue Band zu gründen? Einige plausible, die mir spontan in den Sinn kommen: Der Schlagzeuger in der alten Band ist ein Arsch (mclusky); der Gitarrist fühlt sich nicht ausgelastet (Omar Rodriguez-Lopez); der Sänger möchte mal was Neues ausprobieren (Chris Cornell). Welchen Sinn aber hat es, wenn die neue Band genauso klingt wie die alte, die nicht mal aufgelöst worden ist?

So ungefähr ist es nämlich bei Celan. Halo könnte über weite Strecken auch ein neues und durchaus gutes Unsane-Album sein. Sänger Chris Spencer schnetzelt sich mit bekannter Zähigkeit durch die blutigen Brocken, die irgendwann mal Songs waren, bevor sie gleichzeitig einen Autounfall, einen Flugzeugabsturz und einen Zusammenprall mit einem Güterzug hatten. Das ist 24-karätiger Noiserock, der in Sachen Härte gegen jede Grindcore- oder Death-Metal-Band locker anstinken kann.

Als Hörer wundert man sich daher zu Beginn nur kurz, wenn man im Hintergrund von All This And Everything ein Keyboard zu hören glaubt. Viel zu schön schiebt sich jedes einzelne Instrument und selbstredend auch Spencers Stimme durch den Verzerrer. Bis zur Hälfte der Platte lassen die Songs sich schlichtweg kaum von Unsane unterscheiden. Und dann folgt Washing Machine. Kein Song, sondern über vier Minuten sinnfreies Ambient-Gedudel. Spätestens jetzt ist man sich sicher: Irgendwer wurschtelt doch diese ganze unnötige Soundkulisse in den Hintergrund der Songs: Keyboards, Samples, Gequietsche. Und da ist tatsächlich jemand: Ari Benjamin Meyers von den Einstürzenden Neubauten. Na toll!

Der Schaden hält sich aber in Grenzen. Auf den ersten sechs Songs hört man ihn kaum und das, was auf Washing Machine folgt, ist immer noch zu 90 Prozent Unsane und zu 10 Prozent eigentlich ganz innovativ. Nach einigen Durchgängen freut man sich glatt, die verkrusteten Strukturen mal etwas aufgebrochen zu sehen.

Halo ist auf jeden Fall eine Platte, die eine Entwicklung durchmacht. In 50 Minuten Spielzeit bewegt sich die Musik vom brachialen Noiserock zum krachigen Artrock. Das ist keine weite Strecke, aber mehr als die meisten Bands auf einem Album hinbekommen. Kulminieren muss das Kunst-Werk konsequenterweise in dem überlangen Schlusstrack Lunchbox, der leider mit einem abermals sinn- und spannungsfreien sechsminütigen Intro beginnt und dann auch nur wenig besser wird. Etwa eine Viertelstunde dieser Platte ist somit überflüssig, die anderen 35 Minuten von Halo aber mehr als okay. 7/10

Anspieltipps: All This And Everything, Weigh Tag, It’s Low

Keine Kommentare: