Donnerstag, Juni 14, 2007

Goon Moon - Licker's Last Leg

Wundertütenmusik. Goon Moon ist das neue Projekt von Chris Goss (Masters Of Reality) und Jeordey White (Nine Inch Nails). Wobei „neu“ den Kern der Sache eigentlich nicht trifft. Schon 2005 erschien eine EP unter dem lustigen Namen I Got A Brand New Egg Layin’ Machine, die musikalisch allerdings relativ unbefriedigend war. Zwischen einzelnen Stücken, die sich mit einigen Abstrichen als Songs bezeichnen ließen, gab es viel Luft in Form von Gedudel und planlosem Geklimper. Pitchfork meinte halbwegs versöhnlich: „The musicians of Goon Moon have made [a] listenable record, while clearly unconcerned who listens to it.” 2007 ist aber nicht 2005…

12 Songs tun sich diesmal zu einem ganzen Album zusammen, kein einziger ist zwischengeschobenes Füllmaterial. Nicht umsonst erscheint das Album bei Ipecac Records: Musikalisch wird aus dem Vollen geschöpft. Goss und White komponieren so ziemlich jede Art von Musik-mit-Gitarren-drin, die man sich wünschen kann. Offenheit ist beim Hörer also auch deshalb erforderlich, da sich die Genre-Grenzen auch innerhalb eines Songs auflösen.

Nach dem leicht esoterischen Drumloop-Intro Apple Pie geschieht sofort die 180°-Wende mit My Machine. Feedback, Verzerrer und noisiges Rifflegen relativ schnell vor, bevor man merkt, dass Jeordie White irgendwie ein ganz guter Sänger ist und auch schon der Refrain einsetzt, der wieder nur aus Synthiegewaber und Stimme besteht. So kann, vielleicht auch: so sollte Prog Rock klingen. Goon Moon schaffen es, die Spannung auch im weiteren Verlauf des Albums aufrecht zu erhalten. Goss’ Gespür für interessante Melodiebögen, Hintergrundgesänge und Gitarrenriffs bestätigt sich immer wieder. Die Visions schreibt, für Freunde der Desert Sessions von QOTSA-Kopf Josh Homme sei Licker’s Last Leg genau die richtige Platte (Ausgabe 172). Da sich die beteiligten Musiker stark überschneiden (neben Goss und White unter anderem Dave Catching, Josh Freese und Josh Homme selbst), liegt der Vergleich nahe, aber Goon Moon sind doch noch ein Stück stringenter, eben mehr eine richtige Band. Feel Like This holt den Stoner aus dem Keller, Pin Eyed Boy könnte auch von den Masters Of Reality sein und Hardcore Q3 erinnert schließlich wieder an die verqueren Momente der Desert Sessions.

Die zweite Hälfte von Licker’s Last Leg gestaltet sich gleichermaßen abwechslungsreich. Tip Toe könnte mit mehr Gitarren auf Era Vulgaris (siehe unten) eine gute Figur machen. Mit Every Christian Lion Hearted Man Will Show You werden die Bee Gees gecovert (wunderbar!), Lay Down rockt noch mal eher ruhig und Balloon? eher räudig, bevor die Prog-Keule in Form des achtteiligen und fast zehn Minuten langen The Golden Ball ausgepackt wird. Den Abschluss bildet die schöne Ballade Built In A Bottle. Damit wäre die Wundertüte komplett ausgepackt. Es stellt sich heraus, dass sie offenbar groß genug für eine ganze Achterbahn war. Glücklicherweise muss man sich für eine weitere Fahrt nicht lange anstellen, sondern drückt einfach die Repeat-Taste. 9/10

Anspieltipps: My Machine, Balloon?, The Golden Ball

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